Der alte König in seinem Exil

Arno Geiger - Der alte König in seinem Exil

Beschreibung:
Wenn einer nicht mehr denken kann wie früher, was ist das für ein Leben? Arno Geigers Vater hat Alzheimer. Die Krankheit löst langsam seine Erinnerung und seine Orientierung in der Gegenwart auf, lässt sein Leben abhandenkommen. Arno Geiger erzählt, wie er nochmals Freundschaft mit seinem Vater schliesst und ihn viele Jahre begleitet. In nur scheinbar sinnlosen und oft so wunderbar poetischen Sätzen entdeckt er, dass es auch im Alter in der Person des Vaters noch alles gibt: Charme, Witz, Selbstbewusstsein und Würde. Arno Geigers Buch ist lebendig, oft komisch. In seiner tief berührenden Geschichte erzählt er von einem Leben, das es immer noch zutiefst wert ist, gelebt zu werden.

Meine Meinung:
Sehr einfühlsam, offen und voller Liebe erzählt Arno Geiger die Geschichte von seinem Vater und dessen Krankheit. Es ist zugleich die Geschichte von Arno Geiger, seiner Jugend und seiner Kindheit.
Während zuerst Wut darüber vorherrschte, dass man die Krankheit so lange nicht erkannt hatte und stattdessen der Sturheit und des Charakters des Vaters die Schuld für seine Veränderungen in die Schuhe geschoben hatte, löst später eine Ohnmacht gegenüber der Krankheit diese starken Gefühle ab. Arno Geiger und seine Familie müssen lernen, mit dieser veränderten Situation umzugehen, sich jeden Tag aufs Neue auf das Leben einzulassen und mit ihrem Vater und seinem veränderten Wesen zu leben. Schnell zeigt sich, dass der Charakter des Vaters trotz allen Veränderungen immer noch sehr ähnlich geblieben ist. Immer wieder tauchen verloren geglaubte Erinnerungen auf, kurze Momente des Erkennens, der "Normalität" und des unbeschwerten Glücks wechseln sich ab mit grosser Verunsicherung, dem Gefühl von Heimatlosigkeit und Unruhe. Aber auch für diese Schwierigkeiten gibt es Lösungen und Arno Geiger staunt ab und zu über die Weisheit und den Witz, den sein Vater an den Tag legt.
Die Gespräche werden immer versöhlicher, die Dankbarkeit grösser und der Autor lässt uns ausserdem an vielen frohen, amüsanten, traurigen, nachdenklich stimmenden und lehrreichen Gesprächen teilhaben, die er mit seinem Vater geführt hat.

Meine Empfehlung:
Dieses Buch dient nicht nur als Leitfaden oder vielleicht eher Denkanstoss zum Umgang mit dementen Menschen und mit dem Alter, dem Tod, der Liebe und der Zukunft, es kann auch von allen gelesen werden, die (noch) nicht betroffen sind, (noch) keine Betroffenen kennen und sich einfach einmal mit den existenziellen Dingen des Lebens beschäftigen, sich von grosser Weisheit beeindrucken und von einem mutigen und ehrlichen Sohn in eine gut erzählte Geschichte führen lassen wollen.

Zusätzliche Infos:
Autor: Arno Geiger
Fester Einband: 188 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: Hanser C.
ISBN 978-3-446-23634-9

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