Interview-Rezension zu "Du erinnerst mich an morgen" von Katie Marsh mit Patrizia

Guten Morgen ihr Lieben und allen einen guten Welttag des Buches


Ich bin noch wach und nutze die Gelegenheit, euch den Abschluss unserer Bloggeraktion zum Buch "Du erinnerst mich an morgen" von Katie Marsh zu präsentieren. Die total fantastische Patrizia vom Blog Maaraavillosa und ich haben das Buch nämlich zusammen in einer Blogleserunde gelesen und uns in den Kommentaren über die einzelnen Abschnitte ausgetauscht.

Genau so haben wir es damals mit dem ersten Roman der Autorin "Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" gemacht und wie ihr euch vielleicht noch erinnern könnt, haben wir die Leserunde damals mit einer Interwiev-Rezension abgeschlossen. Dies möchten wir nun ebenfalls machen und Patrizias Antworten zu meinen Fragen zeige ich euch gleich. Meine Antworten findet ihr übrigens bei Patrizia. Ganz am Ende dieses Posts könnt ihr ausserdem noch bei einem Gewinnspiel zum Welttag des Buches mitmachen, also ganz lesen :-)


Zuerst aber ein paar Informationen zum Buch: 

 
Beschreibung des Verlages:
Zoe will gerade die Zukunft mit ihrer großen Liebe Jamie beginnen, als sie ihre Vergangenheit einholt. Kurz vor der Trauung erreicht sie der Hilferuf ihrer Mutter, mit der sie seit Jahren nicht gesprochen hat. Ohne nachzudenken verlässt Zoe die eigene Hochzeit und findet eine veränderte Mutter. Die Neuigkeit trifft sie mit voller Wucht: Gina ist mit gerade mal Anfang fünfzig an Alzheimer erkrankt. Der Alltag wird bedrohlicher, die Versöhnung mit ihrer Tochter immer dringlicher. Zoe will Gina beistehen, ist aber auch damit konfrontiert, dass Jamie sie nach der geplatzten Hochzeit verlassen hat. Ist er bereit, ihr eine zweite Chance zu geben? Und können Mutter und Tochter die Vergangenheit überwinden, jetzt da Gina ihre Erinnerung langsam, aber unaufhaltsam verliert?
Originaltitel: A Life Without You
Autorin: Bevor ihr sensationelles Debüt "Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" erschien, war Katie Marsh im Gesundheitswesen tätig. Der zweite Roman "Du erinnerst mich an morgen" erzählt von der Alzheimer-Krankheit. Ihre Bücher sind inspiriert von der Tapferkeit der Menschen, die ihr bei ihrer Arbeit begegnet sind. Katie lebt mit ihrer Familie in London.
Paperback, Klappenbroschur: 432 Seiten
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Englisch
Übersetzt von: Angelika Naujokat
Verlag: Diana
Erschienen: 10.04.2017
ISBN: 978-3-453-29190-4 


Unsere Eindrücke - Interview-Rezension

 
1. Liebe Patrizia, ganz am Anfang unserer Aktion hast du so wunderschöne Worte für das Buchcover gefunden. Hat sich die Bedeutung des Covers für dich im Verlauf des Buches verändert, oder interpretierst du das Coverbild noch genau gleich wie vor der Lektüre?
Patrizia: Ich hatte mir zu Beginn überlegt, dass dieses schöne Cover auch sinnbildlich für etwas stehen könnte, was ursprünglich einmal ein Ganzes ergeben hat und sich bei einer Krankheit wie Alzheimer/Demenz nach und nach auflöst. Es könnte beispielsweise für eine Blume stehen, die ihre Blütenblätter verliert. Jetzt nach dem Lesen könnte es auch so interpretiert werden: ein Bild aus Mosaiksteinen. Die Steine könnten für gemachte Erfahrungen und Erinnerungen stehen, die man im Laufe eines Lebens ansammelt, und nun droht dieses Bild immer mehr in seine Einzelteile zu zerbrechen und einige Steine gehen gänzlich verloren. Ein umgekehrtes Lesen ginge aber auch: es wird versucht, diese einzelnen Mosaiksteine, die noch da sind, wieder zu einem Bild zusammenzufügen. Ob dies gelingt, erfährt man dann natürlich, wenn man die Geschichte selbst liest. Nach wie vor gefällt mir das Cover außerordentlich gut.

2. Ich erinnere mich noch gut an den Anfang der Geschichte, den Einstig, die ersten Szenen. Bei mir wurde – wider Erwarten – zuerst einmal der Eindruck erweckt, dass es sich auch gut um ein eher humorvolles Buch handeln könnte. Welche Vermutungen hattest du nach den ersten Seiten, als du den Schreibstil und die Figuren schon ein wenig kanntest? 
P: Ich persönlich hatte ja auf den ersten fünfzig Seiten meine Schwierigkeiten in der Geschichte anzukommen. Das lag vor allem an Zoe, beziehungsweise dass die Geschichte so holperig gestartet ist. Ich wusste zu Beginn überhaupt nicht, wie ich Zoe einschätzen soll. Sie hat so einen unbeholfenen Eindruck auf mich gemacht, gepaart mit sehr viel Missmut und einer gedrückten Stimmung. Ihr Fast-Mann Jamie hat auf den ersten Seiten ja auch schon einen kurzen Auftritt und ich war sehr erstaunt darüber, dass so ein feierlicher Tag wie die Hochzeit unter solch einem traurigen Deckmantel steht. Diese ersten Kapitel warfen Unmengen an Fragen auf (z.B. was ist zwischen den beiden vorgefallen, dass man als Leser diese Distanz durch die Zeilen spürt?), die aber in jedem Fall bei mir bewirkten, dass Buch schnellstens weiterzulesen, weil ich auf jeden Fall wissen wollte, was es mit all dem auf sich hat!

3. Katie Marsh wagt sich ja mit ihrem zweiten Roman “Du erinnerst mich an morgen” gleich wieder an ein eher schwieriges Thema heran. War es bei “Die Liebe ist ein schlechter Verlierer” der Schlaganfall eines eher jungen Patienten, wird nun eine frühe Alzheimererkrankung thematisiert. Gibt es andere eher tabuisierte/stiefmütterlich behandelte/aussergewöhnliche Themen, von denen du gerne öfter in Romanen lesen würdest?
P: Gerade habe ich mir das Buch "Fuchsteufelsstill" von Niah Finnik zugelegt, da wird die Thematik Asperger aufgeriffen. Die Kritiken zum Buch sind bisher wirklich hervorragend, vielleicht auch deshalb, weil die Niah Finnik selbst von Asperger betroffen ist. Ich hatte bisher nur wenige Romane gelesen, dessen Hauptakteure Autisten waren. Ich denke, dass sich der Buchmarkt dahingehend schon gut entwickelt hat. Mittlerweile gibt es ja auch eine Vielzahl Bücher, die sich beispielsweise mit Depressionen beschäftigen, auch in der Jugendliteratur. Das finde ich gut und wichtig. Problematisch wird es immer nur dann, wenn die Themen nur als Aufhänger genutzt werden, und wenig bis keine Aufklärung mit sich bringen.

4. Du hast ja bereits den Film “Still Alice” gesehen, buchtechnisch aber noch keine Erfahrungen mit dem Thema Alzheimer/Demenz gemacht. Was hast du dir in Bezug auf die Darstellung dieser Krankheit von “Du erinnerst mich an morgen” erwartet? 
P: In "Still Alice" (ich kann den Film nur empfehlen!) erkrankt eine renommierte Sprachwissenschaftlerin an Alzheimer. Im Film wird vor allem authentisch dargestellt, wie sehr die Protagonistin damit zu kämpfen hat, dass sie ihre Intelligenz verliert. Sie arbeitet dahingehend verstärkt an Strategien, um ihrem Gedächtnis jeden Tag auf die Sprünge zu helfen. Für den schlimmsten Fall der Fälle trifft sie aber noch bei vollem Bewusstsein schon Vorkehrungen, falls sie die Krankheit als solche nicht mehr länger ertragen kann. Inbesondere diese Strategien, aber auch die Verzweiflung darüber, dass man etwas aufzuhalten versucht, was nicht aufzuhalten ist, haben mich zumindest schriftsprachlich ausformuliert interessiert. Ich wollte in jedem Fall etwas über die Empfindungen der einzelnen Betroffenen erfahren.

5. Wie sehr ist es der Autorin gelungen, deine Erwartungen zu erfüllen? 
P: Leider muss ich sagen, dass meine Erwartungen kaum erfüllt wurden. Mir hat es an vielen Stellen an wirklicher Emotionalität gefehlt. Dramatisch wird es ohne Frage, aber für mich oft nur an den falschen Stellen.

6. Das Dreieck Gina (erkrankte Mutter), Lily (verkannte Tochter) und Zoe (lost in translation) bietet einigen Zündstoff, Reibungspotential aber auch spannende und berührende Reisen in die Vergangenheit. Wie hat sich deine Haltung den Figuren gegenüber im Verlauf der Geschichte verändert? 
P: Ich würde für mich nun sagen, dass ich wohl am ehesten mit der Mutter sympathisieren würde, die ihr Bestes tat. Lily, die verkannte Tochter, ist im Buch selbst ja wirklich nur eine Nebensache, die immer mal wieder auftaucht, aber nie wirklich zur Sprache kommt. Sie ist zwar da, aber kaum zu greifen. Das finde ich im Nachhinein ziemlich schade. Zu Beginn dachte ich noch, dass Zoe eine Person ist, welche die Zügel in die Hand nimmt, die vor allem Verantwortung übernimmt. Mit den "Enthüllungen" in den Briefen habe ich nur noch wenig für sie erübrigen können, weil es eine Zeit gab, in der sie vor allem für sich selbst keine Verantwortung übernommen hat und ihre Mutter über Jahre hinweg für etwas grämt und bestraft, worüber man vielleicht mal als Teenager sauer sein kann, aber doch nicht als erwachsene Person. Zoe tut in jedem Fall Buße (da stellt sich dann noch die Frage, wie ehrlich diese ist), aber darauf hätte sie auch schon früher kommen können. Ich finde, im Buch stellt sich vor allem gegen Ende gut heraus, was für ein sturer Charakter sie eigentlich ist. Sie wirkt vielleicht auf den ersten Blick ungemein tough, aber eigentlich ist sie mit sich selbst sehr unzufrieden und vor allem unsicher.

7. Ein wichtiger Bestandteil des Buches sind Briefe, die Gina an ihre Tochter Zoe (die ja mehr und mehr ins Zentrum der Handlung rückt) geschrieben hat. Wie hast du das (Spannungs-)Verhältnis zwischen erzählter, also konservierter Vergangenheit und rasant voranschreitender Gegenwart erlebt?
 
P: Die Briefe waren auf jeden Fall ein originelles Stilmittel um beide Handlungsstränge zusammenzuführen. Während die Gegenwart aus Zoes Sicht beschrieben wird, konnten wir in den Briefen Ginas Charakterzüge erfahren und vor allem ihre Sicht der Dinge. Schade war nur, dass die Vergangenheit sehr viel mehr Raum eingenommen hat, als die Gegenwart. So fanden wir es ja beide gewöhnungsbedürftig, dass die Krankheit in der Gegenwart extrem schnell voranschreitet, was einfach diesen Zeitsprüngen geschuldet ist. Letztlich würde ich sogar sagen, dass die Vergangenheit der Aufhänger der Geschichte war und nicht die Demenz selbst. Dahingehend hat die Geschichte auf jeden Fall auch mit meiner Erwartungshaltung kollidiert, weil mich Letzteres eben besonders interessiert hat.

8. Der Titel “Du erinnerst mich an morgen” hat uns beiden Kopfzerbrechen bereitet. Nun ist das Buch seit einigen Tagen beendet. Fällt dir eine schlüssige Interpretation dazu ein?
 
P: Leider finde ich, dass der Titel unglücklich gewählt wurde. Morgen würde ja die Zukunft bedeuten, und um die Zukunft geht es meines Erachtens nie. Es geht vor allem um das Aufarbeiten der Vergangenheit, um vielleicht für die Zukunft mal auf einen Nenner zu kommen. Aber vielleicht bedeutet es auch genau dies? Dass all das Vergangene und all die Konflikte erstmal bereinigt werden müssen, um an ein (glückliches) Morgen zu erleben?

9. Leider hat uns “Du erinnerst mich an morgen” mit eher gemischten Gefühlen und ziemlich enttäuscht zurückgelassen. Was hat dem Buch deiner Meinung nach gefehlt, um wirklich in sich stimmig und somit überzeugend zu sein?
 
P: Ich hätte es besser gefunden, hätte sich die Autorin auf wenige Konflikte konzentriert. Mit voranschreitender Seitenzahl wurden die Beziehungen, die die Geschichte darstellt, teilweise immer abstruser. Mit jedem Brief aus der Vergangenheit kam gefühlt noch ein Hammer hinterher. Weniger ist manchmal mehr, und so hat das Buch insgesamt an Glaubwürdigkeit und Logik eingebüßt. Die letzten Seiten waren für mich zudem extrem kitschig geschrieben, dies hat zu all der Familiendramatik vorher auch nicht ganz gepasst. Ich denke, dass die Idee der Briefe und dieses verworrene Verhältnis zwischen Mutter und Tochter eine gute Romanidee sind, aber Katie Marsh hat das Potenzial einfach nicht genügend ausgeschöpft. Sie hätte sich auf wenige Konflikte beschränken und vor allem den Fokus auf die Gegenwart setzen sollen. Letztlich sollte es ja darum gehen, dass Mutter und Tochter sich wieder einander nähern und dass vielleicht auch in Worten deutlich wird, wie beide die verlorenen Jahre bedauern, jetzt wo die Mutter kaum noch neue Erinnerungen schaffen und behalten kann. Das ist am Ende des Tages aber einfach Geschmackssache. Ich hatte eine ganz andere Erwartungshaltung an die Geschichte, die Rezensionen anderer Blogs zeigen, dass das Buch viele begeisterte Leser hat. Nichtsdestotrotz hat sich die Geschichte gut und zügig gelesen, die Briefe und die immer wiederkehrenden offenen Fragen haben dafür gesorgt, dass ich wissen wollte, wie es nun ausgeht - selbst wenn vieles vorhersehbar war. "Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" hatte mir letztes Jahr definitiv mehr zugesagt, trotzdem habe ich "Du erinnerst mich an morgen" für die Idee an sich, den guten Schreibstil und der konstanten Spannung noch mit soliden drei Sternen bewertet.
Vielen Dank dir, liebe Patrizia, für die tolle Leserundenzeit, die spannenden Diskussionen und Plaudereien auch off topic und deine aufgestellte, offene und sympathische Art, die es immer wieder sehr angenehm macht, mit dir zusammenzuarbeiten!!!
 
Wenn ihr selber noch einige Kommentare zum Buch abgeben wollt, dann könnt ihr dies hier bei Patrizia oder hier bei mir sehr gerne machen. Wir freuen uns über alle Meinungen und Ideen.
Weil Patrizia und ich beide ein wenig enttäuscht waren vom Buch, weil dies aber vor allem Geschmackssache ist und bei uns wohl vor allem an den sehr konkreten Erwartungen an die Thematik "Alzheimer" gelegen hat, möchten wir euch noch ein paar Links zu Rezensionen anderer Leser, die total begeistert waren, zeigen.
http://samtpfotenmitkrallen.blogspot.ch/2017/04/blogger-schenken-lesefreude-ich-verlose.htmlUnd weil der Diana Verlag so aufmerksam war und uns neben den Leseexemplaren auch gleich noch zwei druckfrische deutsche Originalausgaben hat zukommen lassen, möchten wir diese gerne zum Welttag des Buches verlosen.
Ihr gelangt hier zur Verlosungsseite, ich drücke euch allen die Daumen.

Nun bleibt mir nur noch, euch einen wunderschönen Welttag des Buches zu wünschen und wir lesen uns bald wieder
Livia

4 Kommentare:

  1. Guten Morgen liebe Livia,
    auf eure gemeinsame Besprechung habe ich schon gewartet, denn ich war beim letzten Mal wirklich begeistert von eurer gemeinsamen LR und was ihr daraus gemacht habt!
    Schade, dass euch das neue Buch der Autorin nicht ganz überzeugen konnte.
    Ich habe "Still Alice" gesehen und war zutiefst bewegt und kann dir den Film oder das Buch (habe ich nicht gelesen) nur empfehlen!
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Liebe Martina

      So schön, dass du mitgefiebert hast und danke für den Tipp, dann muss ich mir den Film wohl definitiv einmal ansehen oder sogar zuerst einmal das Buch lesen.

      Eine gute Woche dir
      Livia

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  2. Mein Liebchen :)

    Es hat mir mit dir auch wieder sehr viel Spaß gemacht! Kommunikation und Austausch untereinander klappt immer hervorragend, auch und vielleicht gerade weil wir beide zeitlich stark eingebunden sind :) Ich bin schon sehr gespannt auf unser nächstes Gemeinsames Lesen!

    Viele liebe Grüße an dich,
    Patrizia :)

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    1. Dito, Darling :-)

      Mal sehen, welches Buch uns als nächstes entgegenflattert. Melde dich auch, wenn du auf unseren SuBs ein Buch entdeckt, das sich lohnen würde.

      Alles Liebe dir
      Livia

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