Rezension: Das Brombeerzimmer

Das Brombeerzimmer - Anne Töpfer

Beschreibung des Verlages:

Nora liebt das Zubereiten von Marmelade – am liebsten für ihren Ehemann Julian. Die beiden sind frisch verheiratet und noch so verliebt wie am ersten Tag. Doch dann erleidet Julian einen Herzinfarkt und stirbt. Noras Welt zerbricht. Eines Tages findet sie einen Brief: Er ist von Julians Großtante Klara. Kurz vor seinem Tod hatte Julian Kontakt zu ihr aufgenommen, um sie nach einem alten Familienrezept für Brombeerkonfitüre zu fragen. Er wollte seine Frau damit überraschen. Nora macht sich auf die Suche nach der Dame, die zurückgezogen in der Vorpommerschen Boddenlandschaft lebt. Sie findet einen verborgenen Marmeladenkeller voller Geheimnisse aus der Kriegszeit, und sie erfährt, wer Klara wirklich ist …

Inhalt:
Nora ist seit einem Jahr verwitwet, noch vor ihrem dreissigsten Geburtstag hat sie ihren Mann ganz plötzlich verloren und muss Schritt für Schritt ein neues Leben beginnen. Wie besessen geht die Lebensmitteltechnologin ihrem Hobby, dem Zubereiten von Marmelade, nach und stapelt Glas um Glas im Arbeitszimmer ihres verstorbenen Mannes Julian. Dort findet sie auch einen Brief, der nicht nur ein Rezept, sondern auch ein Geheimnis birgt, das Julians Familie akribisch hütet. Nora hat nichts zu verlieren und macht sich auf, um eine noch lebende und bisher verschollene Verwandte zu finden und tritt dabei in Erfahrung zu bringen, was es mit einem alten Nussbaum, einem verborgenen Keller und einem Versteck in Marmeladengläsern auf sich hat.

Meine Meinung:
Das Buch habe ich von Irene vom Blog Igelabooks bekommen. Ich habe es mir aus ihren aussortierten Büchern ausgesucht, weil das Cover und der Titel mich für sich eingenommen haben. Ich wurde nicht enttäuscht und habe sehr unterhaltsame Lesestunden mit Nora, einer liebenswerten Protagonistin mit riesigem Herz, einer einfühlsamen besten Freundin und einer charmanten Fellnase verbringen dürfen. Auch die ältere Dame Klara und Mandy, welche etwa in Noras Alter ist und mit Rat und Tat zur Seite steht, haben dazu beigetragen, dass ich diesen Ostseeroman, der zusätzlich mit wundervollen Beschreibungen der Landschaft auftrumpft, kaum noch aus den Händen legen konnte.
Sehr gerne wäre ich sofort nach Kinnbackenhagen gereist, um mich dem bunt zusammengewürfelten Abenteuertrupp anzuschliessen und die kulinarischen Köstlichkeiten in Klaras Küche zu geniessen. Zum Glück lässt uns die Autorin Anne Töpfer an ihren Leckerein teilhaben und im Buch finden sich sieben verschiedene Rezepte, die ich mir definitiv noch einmal näher ansehen werde.

Meine Empfehlung:
Diese Geschichte entwickelt sich nach einem sehr traurigen Start zu einem abenteuerlichen und sehr lustigen Roman, der voller Lebensweisheiten steckt, ein Geheimnis aus Kriegszeiten, einige rüstige alte Damen, viele tolle Freundschaften, ein wenig Romantik und einige schmackhafte Rezepte beinhaltet. Ein echtes Lesevergnügen und eine herzliche Empfehlung.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Das Brombeerzimmer
Autorin: Anne Töpfer ist das Pseudonym der Autorin Andrea Russo. Sie schreibt auch als Anne Barns. Vor einigen Jahren hat sie ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben, um sich ganz auf ihre Bücher konzentrieren zu können. Wenn Andrea Russo mal nicht schreibt, findet man sie in der Küche, wo sie an neuen Backrezepten für ihre Bücher arbeitet.
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 416 Seiten
Verlag: List Taschenbuch
Erscheinungstag: 10.03.2017
ISBN: 9783548613178

Rezension: Hummeln im Herzen

Hummeln im Herzen - Petra Hülsmann

Reiheninfos "Hamburg-Reihe":

1. Hummeln im Herzen
2. Wenn Schmetterlinge Loopings fliegen
3. Glück ist, wenn man trotzdem liebt
4. Das Leben fällt, wohin es will
5. Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
6. Meistens kommt es anders, wenn man denkt

Beschreibung des Verlages:
»Von der Liebe darfste dich nich feddichmachen lassen«, diesen weisen Rat hört Lena gleich mehrmals von Taxifahrer Knut. Aber leichter gesagt als getan, wenn der Verlobte eine Niete und der Job wegen eines äußerst peinlichen Fehlers plötzlich ein Ex-Job ist. Für Selbstmitleid bleibt Lena aber sowieso kaum Zeit. Ihr Leben muss dringend generalüberholt werden, und außerdem zieht ausgerechnet sie als Ordnungsfanatikerin in die chaotische WG ihrer besten Freundin. Vor allem Mitbewohner Ben nervt! Der ist nämlich nicht nur unglaublich arrogant, sondern auch ein elender Womanizer. Umso irritierter ist Lena, als ihr Herz beim Gedanken an ihn immer öfter auffällige Aussetzer hat …

Inhalt:
Gestern noch hat Lena sich mit der intensiven Hochzeitsplanung beschäftigt, heute steht sie als Single da und als wäre das nicht schon genug schlimm, verliert sie auch noch ihre Arbeit. Ohne Wohnung, Job und Partner beschliesst sie, ein neuer Mensch zu werden und beginnt mit Hilfe ihrer besten Freundin und deren Mitbewohner an sich zu feilen. Um wenigstens ein paar Euros zu verdienen, tritt sie ausserdem einen Gelegenheitsjob an, der ihr Leben schon bald auf den Kopf stellen wird.

Meine Meinung:
"Hummeln im Herzen" habe ich im Herbst bei der Aktion Lesefreude Schweiz von Ex Libris entdeckt, weil ich schon lange einmal ein Buch von Petra Hülsmann lesen wollte. Sofort war ich mitten in der Geschichte und der leichte, äusserst unterhaltsame Schreibstil, die maximal tollpatschige Protagonistin (und ich kann leider nicht sagen, dass ich mich nicht komplett in ihr wiedererkannt habe, was das fröhliche Betreten sämtlicher Fettnäpfchen betrifft) sowie ein schrulliger Buchhändler, eine Freundschaft zum Pferdestehlen, ein paar schräge Dates und ein Taxifahrer, der mit Liebes- und Lebensweisheiten um sich wirft, machen den ganzen Charme dieser Geschichte aus. Ja, wahrscheinlich ist alles ein wenig überzogen dargestellt, aber die Figuren und ihre Ecken und Kanten habe ich sofort ins Herz geschlossen und das Ende des Buches hat mich zu Tränen gerührt, weil es Hülsmann gelungen ist, auch tiefgründigere Themen mit viel Fingerspitzengefühl in die sonst so leichte Geschichte zu integrieren und das Leben einfach spielen zu lassen. Ausserdem ist die (sehr nachvollziehbare) Liebe zu Hamburg in vielen Szenen spürbar, die wunderschöne, geschichtsträchtige Stadt wird nämlich immer wieder passend in Szene gesetzt, was mir sehr gut gefallen hat.

Meine Empfehlung:
"Hummeln im Herzen" hat mich wunderbar unterhalten, mit schöne, lustige, berührende Lesestunden geschenkt und mich neugierig auf die weiteren Bücher der Hamburg-Reihe gemacht, die man wohl auch unabhängig voneinander lesen kann.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Hummeln im Herzen
Autorin: Petra Hülsmann, Jahrgang 1976, wuchs in einer niedersächsischen Kleinstadt auf. Nach einem erfolgreich abgebrochenen Studium der Germanistik und Kulturwissenschaft arbeitete sie in Anwaltskanzleien und reiste sechs Monate mit dem Rucksack durch Südostasien, bevor sie mit ihren Romanen die Beststellerliste eroberte. Petra Hülsmann lebt mit ihrem Mann in Hamburg.
Taschenbuch: 397 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: Bastei Lübbe
Ersterscheinung: 24.02.2023
ISBN: 978-3-404-19193-2


Leseliste März 2024

Hallo ihr Lieben

Der kurze Februar hat mich wieder fleissig an meiner Leseliste arbeiten lassen (nur "Blüten sammeln unter Feuer", die Tagebücher von Alice Walker, nehme ich mit in den März) und deshalb habe ich entschieden, mir für März eine ein wenig ambitioniertere Leseliste zu packen. Da ich sehr, sehr, sehr viel unterwegs sein werde (und viel Zugzeit bedeutet oft viel Lesezeit), bin ich ziemlich optimistisch. Zumal ein Buch der Leseliste bereits gelesen ist. Folgende Bücher möchte ich also im März lesen:

Wir sitzen im Dickicht und weinen - Felicitas Prokopetz
Das Buch soll in den nächsten Tagen bei mir eintreffen, deshalb ist es noch nicht auf dem Bild zu sehen. Ich darf es im Rahmen einer Lesejury-Leserunde lesen und ich bin schon sehr neugierig auf die Geschichte, die wohl ziemlich intensiv ist und die mich zuerst mit ihrem Cover für sich eingenommen hat.

Bild ohne Mädchen - Sarah Elena Müller
Die einzige nominierte Autorin für den Schweizer Buchpreis 2023...und ein Buch mit heftigem Inhalt und ja, das hat mein Interesse geweckt. Die ersten paar Seiten haben mich leider noch nicht für sich eingenommen und deshalb werde ich in den kommenden Tagen noch ein paar Seiten lesen und dann entscheiden, ob ich abbreche oder das Buch beenden will.

Blütensammeln unter Feuer, die Tagebücher - Alice Walker, übersetzt von Cornelia Holfelder von der Tann (Rezensionsexemplar aus dem Ecco Verlag)
Auf der Instagramseite des Ecco Verlags bin ich auf die Autorin und diese Neuerscheinung, die Veröffentlichung ihrer Tagebücher, aufmerksam geworden. Dabei war mir nicht bewusst, dass das Buch mehr als 800 Seiten umfasst... Das Buch habe ich aus dem Februar mitgenommen und hoffe, es bald zu beenden. Die ersten 200 Seiten habe ich mir erarbeitet, aber dann wurde es immer packender und berührender. Und ich weiss jetzt schon, dass ich bald einige Romane der Autorin lesen möchte.

Der Traum des Leuchtturmwärters - Sergio Bambaren
Das Buch habe ich gemeinsam mit "Der träumende Delphin" in einem Bücherschrank gefunden und mitgenommen, weil mir "Die Zeit der Sternschnuppen" 2016 sehr gut gefallen hat. "Der träumende Delphin" habe ich gerade am 29.2. noch beendet und es hat mich nicht so begeistert und wird zurück in den Bücherschrank kommen. Auf "Der Traum des Leuchtturmwärters" bin ich jetzt auf jeden Fall schon gespannt.

Hummeln im Herzen - Petra Hülsmann
Mein erstes Buch von Petra Hülsmann und ja, ich habe es gestern bereits beendet. Die Rezension folgt in den nächsten Tagen. Ich habe mir das Buch aus einem der Bücherschränke geholt, die Ex Libris im Oktober 2023 in verschiedenen grösseren Städten der Schweiz verteilt hat und mir hat es sehr unterhaltsame Lesestunden beschert.

Die Liste der vergessenen Wünsche - Robin Gold
Das Buch ist aus einem offenen Bücherschrank (mir ist übrigens gerade eingefallen, dass im Jahr 2024 schon sehr, sehr viele Bücher bei mir eingezogen sind, dass ich aber bisher noch gar kein Geld für Bücher ausgegeben habe, weil ich Bücherschrank um Bücherschrank plündere) und es passt sicher perfekt in den Frühling, in dem ich oft zu bunten, pastellfarbenen Romanen mit leichtem Inhalt greife ;-)

Cleopatra und Frankenstein - Coco Mellors
Das Buch haben irgendwie schon alle gelesen, ja? Aber ich halt noch nicht. Und da Katy es durch die Schweiz auf Wanderschaft geschickt hat, war ich sofort dabei und freue mich, es nun lesen und dann weitersenden zu dürfen.

Schöne Welt, wo bist du - Sally Rooney
Das Buch war (zusammen mit "Der Zirkel der Literaturliebhaber" von Amir Hassan Cheheltan) mein erster Neuzugang im 2024 und zwar habe ich es von einer Cousine bekommen, die aussortiert hat. Ihr seht, ich kann mich gar nicht wehren, Bücher finden einfach zu mir. Und ich weiss gar nicht, wovon die Geschichte handelt, Cover und Titel sehen toll aus, also passt das dann sicher ;-)

Soooo.....welche Bücher kennt ihr bereits? Wie haben sie euch gefallen? Und was denkt ihr, werde ich diesen Stapel im März schaffen?

Ganz liebe Grüsse und ich werde euch auf dem Laufenden halten ;-)
Livia

Lese-Statistik Februar 2024

Hallo ihr Lieben

Der kürzeste Monat des Jahres ist vorbei und er hat mir einige schöne Lesestunden und vor allem viele Neuzugänge geschenkt. Am Anfang des Monats war ich ein paar Tage krank, dann konnte ich aber wieder voll einsteigen und habe am 29.2. dann auch noch den Auftakt zu einem Projekt und einen tollen Konzertabend (inklusive ausverkauftem Saal, anschliessendem Dinner und wunderschönen Blumen) erleben dürfen. Die weiteren zwei Konzerte des Projekts sind heute und morgen und ich hoffe auf viel Publikum und freue mich auf einige Lesestunden im Zug.

Meine Leseliste habe ich fast ganz geschafft, lediglich die Tagebücher von Alice Walker "Blüten sammeln unter Feuer" nehme ich mit den den März, was ich auch ein wenig erwartet habe. 700 Seiten Tagebücher und mehr als 100 Seiten Anmerkungen lesen sich einfach nicht so schnell und vor allem nicht so nebenher, wie ein Roman.
Ausserdem habe ich "Das Flüstern der Feigenbäume" gemeinsam mit Ina und Sandra gelesen und der Austausch war sehr bereichernd und spannend.

Im März freue ich mich auf viele Proben, Vorbereitungsstunden, die Feinplanung mehrerer Projekte, einen Wettbewerb (eine Schülerin von mir spielt, ich bibbere nur mit) und viele Musikschulveranstaltungen. Der März ist hier oft der Monat, in dem alle Musikschulen ihre Türen öffnen und sich der Öffentlichkeit präsentieren, damit sich viele Kinder für das nächste Schuljahr anmelden. Freie Tage gibt es dann wieder im April und darauf freue ich mich sehr. Ausserdem darf ich bei der Leserjury-Leserunde zu "Wir sitzen im Dickicht und weinen" teilnehmen und das Schweizer-Bloggerinnen-Wanderbuch "Cleopatra und Frankenstein" lesen.

Und jetzt bin ich schon gespannt auf eure Anmerkungen und Monatsrückblicke und freue mich auf den Austausch in den Kommentaren, habt nur ein wenig Geduld mit mir ;-)


Gelesen im Februar

Wundervolle Fortsetzung der Weihnachtsreihe, berührendes, unterhaltsames Jugendbuch



Unterhaltsamer und romantischer dritter Band der Maierhofen-Reihe, fast schon ein wenig Sommer


Spannende, berührende Geschichte über den Krieg in Zypern, eine verbotene Liebe und eine Familie


Der fünfte und mein evtl. sogar liebster Band der Reihe (neben dem Auftaktband), absolutes Highlight


Verdient auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2023, berührend, klug und poetisch erzählt


Alle Rezensionen und Seitenzahlen:

The Girl Who Saved Christmas - Matt Haig   (336 Seiten)
Die Blütensammlerin - Petra Durst-Benning   (512 Seiten)
Das Flüstern der Feigenbäume - Elif Shafak   (512 Seiten)
Ein Clown unter Verdacht - Oliver Schlick   (320 Seiten)
Maman - Sylvie Schenk   (176 Seiten)
Der träumende Delphin - Sergio Bambaren (96 Seiten, keine Rezension)

Neuzugänge:

Zimtschnecken und Schneegestöber - Hanna Blixt (Bücherschrank)
Bild ohne Mädchen - Sarah Elena Müller (Bibliothek)
Maman - Sylvie Schenk
Die Liste der vergessenen Wünsche - Robin Gold (Bücherschrank)
Der Traum des Leuchtturmwärters - Sergio Bambaren (Bücherschrank)
Der träumende Delphin - Sergio Bambaren (Bücherschrank)
Cleopatra und Frankensten - Coco Mellors (Wanderbuch)


Aussortiert:

  1. Jeremias Gotthelf - Die schwarze Spinne/Elsi, die seltsame Magd/Kurt von Koppingen
  2. Thomas Mann - Der Tod in Venedig

Alle Zahlen in der Übersicht:

Gelesene Bücher: 6
Abgebrochene Bücher: -
Aussortierte Bücher: 2
Gelesene Seiten: 1'952 Seiten
Durchschnittliche Seitenzahl pro Tag: 67.31 Seiten
Bücher von Autorinnen: 3
Bücher von Autoren: 3
Autor*innenduos (oder Gruppen): -
Geschenkt bekommene Bücher: -
Ausgeliehen: 1 (Wanderbuch)
Buchgewinn:
Buchprämien: -
Rezensionsexemplare: -
Gekaufte Bücher: -
Eingesammelte Bücher: 4
Bibliotheksbücher: 2
Gesamte Neuzugänge: 7
SuB am Monatsbeginn:
59 Bücher
Aktueller SuB: 58 (+ 1 Bibliotheksbuch)
Differenz: 0 (-1)

Rezension: Maman

Maman - Sylvie Schenk

Beschreibung des Verlages:

Eine Annäherung an die eigene Mutter und eine schmerzhafte Abrechnung: 1916 wird Sylvie Schenks Mutter geboren, die Großmutter stirbt bei der Geburt. Angeblich war diese eine Seidenarbeiterin, wie schon die Urgroßmutter. Aber stimmt das? Und welche Geschichte wird den Nachkommenden mit auf den Weg gegeben? Als Kind leidet Sylvie Schenk unter dieser Unklarheit, als Schriftstellerin ist sie deshalb noch immer von großer Unruhe geprägt. Mit poetischer Präzision spürt sie den Fragen nach, die die eigene Familiengeschichte offenlässt. „Maman“ ist waghalsiges Unterfangen und explosive Literatur zugleich. Nach „Schnell, dein Leben“ hat die Autorin erneut einen Text voll Schönheit und Temperament geschrieben.

Meine Meinung:

Denke ich an "Maman", sehe ich sofort die berühmte Spinnenskulptur von Louise Bourgeois vor mir. Bourgeois hat sich dazu entschieden, ihre Mutter als Spinne abzubilden, weil sie der Spinne sehr positive Attribute, wie Klugheit und Stärke zuordnet und weil Spinnen nützliche Tiere sind, die ihre Brut beschützen, ihre Netze reparieren und potentiell todbringende Moskitos fressen (ein toller deutscher Artikel zur Skulptur findet sich HIER).
Was hat das aber nun mit Sylvie Schenks "Maman" zu tun? Vielleicht hat sich nur mir dieser Vergleich aufgedrängt und er spielt im Buch auch gar keine Rolle, ich möchte euch aber an meinen Gedanken dazu teilhaben lassen, denn obwohl sich die Mütter von Schenk und Bourgeois wohl stark unterschieden haben - während Bourgeois ihre Mutter als ihre beste Freundin und als warm, freundlich und aufmerksam bezeichnet, ist Schenks Mutter eine von ihren Lebensumständen tief traumatisierte, freudlose Person, die keine Nähe zulässt - habe ich beim Lesen mehr und mehr Gemeinsamkeiten entdecken können. Denn letztendlich ist sowohl Schenks als auch Bourgois' "Maman" vor allem eines: eine nicht zu übersehende Hommage an die eigene Mutter.
Je mehr wir beim Lesen über Schenks Mutter und Grossmutter und deren Leben erfahren, desto mehr können wir Vergleiche zur Skulptur "Maman" ziehen. Auch Schenks Mutter ist eine Überfigur, die still leidet, unmenschliches Leid totschweigt und ihre Kinder damit vielleicht sogar schützt, obwohl sie ihnen Zärtlichkeiten oder auch nur Zuwendung ein Leben lang verwehrt, weil es einfach nicht anders geht.

Mit um so zarteren und zugleich kraftvollen Worten tastet sich Schenk an die Geschichte ihrer Mutter heran und beleuchtet ein tristes Leben voller Scham, Schuld und Armut. Schenks Grossmutter, die zu keinem ihrer Kinder einen Vater vorzuweisen hat, stirbt nach der Geburt von "Maman", Maman kommt zu Pflegeeltern und wird adoptiert, erlebt die Nachwehen des ersten Weltkriegs und überlebt den zweiten Weltkrieg in Lyon, eine glücklose Ehe an der Seite eines Zahnarztes und die Geburt ihrer Töchter, denen sie vor allem Selbstzweifel und die Angst vor Männern und ungewollten Schwangerschaften mitgibt.

Ungewollte Kinder gebären ungewollte Kinder und so schliesst sich ein Kreis, aber mit dem Schreiben, Erzählen, mit dem Zusammentragen von Lebensdaten und dem kunstvoll literarischen Vermischen von Realität und Fiktion schafft Schenk ein einzigartiges Werk, das von einer ganz speziellen Liebe, einer düsteren Zeit, einem schwierigen Leben erzählt und vielleicht am Ende auch ein wenig Versöhnung und Frieden anbietet.

Meine Empfehlung:
"Maman" überrascht und hallt nach. Es erzählt eine schmerzhafte Geschichte voller Missbrauch und Vernachlässigung, ist aber auch eine Annäherung an die eigene Mutter, die so viele Dinge ungesagt gelassen hat, weil ihr oft die Worte gefehlt haben, die ihr nun aber von ihrer Tochter nachträglich geschenkt werden. Lasst euch darauf ein.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Maman
Autorin: Sylvie Schenk wurde 1944 in Chambéry, Frankreich, geboren, studierte in Lyon und lebt seit 1966 in Deutschland. Sylvie Schenk veröffentlichte Lyrik auf Französisch und schreibt seit 1992 auf Deutsch. Sie lebt bei Aachen und in La Roche-de-Rame, Hautes-Alpes. Bei Hanser erschienen ihre Romane Schnell, dein Leben (2016), Eine gewöhnliche Familie (2018), Roman d'amour (2021) und Maman (2023).
Sprache: Deutsch
Hardcover: 176 Seiten
Verlag: Hanser
Erscheinungsdatum: 20.02.2023
ISBN: 978-3-446-27623-9